Leben und Wirken des Vlothoer Heimatforscher

Dr. Karl Großmann

 

Nachdem Karl Großmann 1896 im südwestfälischen Laasphe das Licht der Welt erblickt hatte, sorgte der Vater (Rektor der dortigen Präparandenanstalt) dafür, dass dem Sohn die beste Ausbildung zuteil wurde. Karl Großmann besuchte das Progymnasium in Biedenkopf an der Lahn, später das Gymnasium in Remscheid, wo er Ostern 1914 die Reifeprüfung ablegte. Noch reichte die Zeit, um in Göttingen sofort das Studium der Fächer Deutsch, Geschichte und Erdkunde aufzunehmen, aber eben doch nur noch für ein Semester: Des Kaisers Fahnen lockten alle jungen Männer im Kriegsjahr 1914 zu den grauen Röcken.

 

Als Kriegsfreiwilliger kam Karl Großmann nach Flandern, erlebte den Schützengrabenkrieg, wurde an die Ostfront versetzt, beim Vormarsch auf Warschau verletzt, kurierte zwei    Oberarm- und einen Fußdurchschuss aus, wurde 1915 wieder nach Rußland versetzt, wurde dort Unteroffizier, erneut verwundet, gepflegt und dann in den  Serbien-Feldzug geschickt. Erst die Besatzungszeit in Varna (Bulgarien) sorgte für eine Kampfpause. Nach einem Offizierslehrgang wurde Großmann 1916 Vize-Feldwebel, schließlich 1917 Leutnant der Reserve und musste als solcher einen Minenwerferzug aufstellen.

Dr. Karl Großmann

Das Kriegsende erlebte er an der französisch-belgischen Grenze, kam mit seiner Einheit nach Dillenburg zurück und ließ sich von dort zu seiner Großmutter beurlauben, die in Laasphe ein Mädchenpensionat leitete. Und in diesem Pensionat lebte die Tochter des Vlothoer Sanitätsrates Hillebrecht, der damals in Vlotho das spätere, jetzt abgerissene "Wünschersche" Haus an der Bismarckstraße bewohnte. Diese Tochter des Sanitätsrates wurde später Frau Großmann.

Der Krieg hatte Nachteile, sicher aber auch Vorteile für den jungen Karl Großmann, gebracht. So gab es bei der sich anschließenden Fortsetzung des Studiums viele Vorteile: Den Kriegsteilnehmern wurde die Studienzeit verkürzt. Nach einem nur sechssemestrigen Studium schrieb Karl Großmann seine Dissertation über den Grafen Sayn zu Wittgenstein, die gleichzeitig seine Examensarbeit war. Damals begann Großmann auch schon mit der ersten Sammlung von Daten über Vlotho.

Nach dem ersten Examen vom Juli 1921 folgte im September 1922 das Assessorexamen. Aber damals war es nicht viel anders als heutzutage. Für die vielen jungen Lehrer gab es nicht gleich eine Stelle.

So ging Dr. Karl Großmann erstmal zur Zeche. In Recklinghausen war er Buchhalter bei der Zeche „König Ludwig".

Am 1. April 1923 war es dann doch so weit. Dr. Großmann erhielt die erste Anstellung als Lehrer, in Petershagen an der Weser. 1923 wurde geheiratet, und ein Jahr später holte Großmann seine junge Frau nach Petershagen. Die Familie blieb dort bis 1945 und zog dann nach Maaslingen.

Auch den zweiten Weitkrieg erlebte Dr. Großmann als Soldat. Beim Herforder Regiment 58 war er als Logistiker für den Munitionsnachschub zuständig. Mitte 1941 ging's dann zum Russlandfeldzug (Stalingrad). Großmann führte einen Nachschub-Zug (vorwiegend Pferdegespanne) von 10 Kilometern Länge. Dr. Großmann überstand den Krieg unverletzt.

Dass Dr. Großmann NSDAP-Mitläufer war, verschwieg er nicht. Deshalb dauerte es auch bis 1952, dass er als Lehrer wieder fest angestellt wurde. Er zog nach Vlotho (1952), unterrichtete aber bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1962 an der Königin-Mathilde-Schule in Herford.

Schon vor der Pensionierung war Dr. Großmann auch als Autor für heimatgeschichtliche Werke in Erscheinung getreten. So gab er in den frühen Fünfzigern als erster den Wanderführer für die Jugendherberge Vlotho heraus. 1955 schrieb er die Geschichte der Gemeinde Valdorf anlässlich deren 900-Jahr-Feier. Sein Hauptwerk war und ist aber die 1971 erschienene „Geschichte der Stadt Vlotho", für die er über 50 Jahre lang Material gesammelt hatte.

Eine der Grundlagen-Entdeckungen Großmanns ist die Herkunft des Wortes Vlotho aus Flothe (althochdeutsch für Fluss oder Bach) und Owe (Aue), alles zusammen also Fluss-Aue.

Mit dieser in vielen Stunden Freizeit betriebenen Heimatforschung hat Dr. Karl Großmann der Stadt Vlotho und ihren Bewohnern einen zusammenhängenden Einblick in die eigene Geschichte gegeben, der für immer mit seinem Namen verbunden sein wird.

Dr. Karl Großmann starb am 11. Juli 1981 im Alter von 85 Jahren.