Vlotho um 1500

 

 

Grabstein, vom Drost Bertram von Landsberg

(in der St. Stephans-Kirche)

 

 

Amtshof

Mit der Bezeichnung „Amtshof“ wissen wohl die meisten nichts anzufangen. Das ist aber der amtliche Flurname für das Gebiet zwischen dem Forellenbach, der Weserstraße und der Bismarckstraße. Der Name „Amtshof" erinnert an den früheren Sitz der Amtsverwaltung in dem Hause Nr. 10, in dem sich ein großer Teil der Geschichte Vlothos abgespielt hat. Die Leiter der Amtsverwaltung, die Drosten, wohnten bis 1570 auf der Burg auf dem Amtshausberg, bis der Drost Bertram von Landsberg, dessen Grabstein In der St.-Stephan-

Haus Weserstraße Nr. 10.  Foto: 1937

Kirche steht, nach Deesberg übersiedelte.

 

Burg Schune und Kloster Segenstal

Die eigentliche Geschichte der Stadt Vlotho beginnt mit dem Bau der Wasserburg Schune in der Mündung des Forellenbaches vor 1200 durch die Herren von Vlotho. Das Geschlecht starb bald aus. Zu den Nachfolgern gehörte u. a. Graf Heinrich von Oldenburg, der die Burg auf dem Amthausberg baute und Vlotho zum ersten Male die Stadtrechte verlieh. Er überließ im Jahre 1258 die frei gewordene Burg Schune Nonnen aus dem Kloster Leeden bei Tecklenburg, die aber 1288 wegen der Hochwassergefahr das Kloster auf den Platz der St.-Stephans-Kirche verlegten. Die Burg Schune wurde jetzt wieder ravensbergisch, bis sie im Jahr 1368 zusammen mit dem Schloß Varenholz von den Mindener Bürgern, die in Fehde mit den Herren von Lippe lagen, zerstört wurde.

Welche Rolle das Haus Nr. 10 im Kloster spielte, wissen wir nicht. Vielleicht lag hier der Eingang zum Kloster. Die Burg wurde notdürftig wieder aufgebaut. Aber 1550 heißt es in einem Güterverzeichnis ,,Der Schürenwinkel, ein Steinhaufen". Er diente wohl den Vlothoer Bürgern als Steinbruch.

 

Die Zehntscheune

Nach der Einführung der Reformation zog der Staat die bisherigen Klostergüter und Einkünfte ein. Zu ihnen gehörte auch der Kornzehnte, den die klostereigenen Bauern nach der Ernte abliefern mussten. Er wurde in der Klosterscheune gesammelt. Diese Naturalabgabe wurde später durch stets gleich bleibende Geldzahlung der Bauern ersetzt. Dadurch wurde die Zehntscheune überflüssig. Erst 1827 fand man für ihre alten Eichenbalken eine neue Verwendung. Sie wurden Teil des Neubaus der so genannten Landschule hinter der St.-Stephans-Kirche. 773 Taler mussten für das Holz gezahlt werden. Die Landschule wurde 1977 abgebrochen. Heute führt die Entlastungsstraße über das Gelände, das durch eine Mauer von dem Kirchhof abgetrennt wurde.

 

Das Rentamt

In den Amtshof selbst zog der Rentmeister des Amtes Vlotho ein. Unterstützt wurde dieser in der Verwaltung des Amtes durch die beiden Vogte von Vlotho und Wehrendorf. In der Mitte des 18. Jahrhunderts betrugen die Einnahmen des Amtes 13.200 Taler, die Ausgaben 1.460 Taler.

Anfangs standen die Drosten an der Spitze des Amtes. Sie wohnten zunächst in der Burg auf dem Amtshausberg, bis dieser Posten im Zuge der Verwaltungsreform Friedrich Wilhelm I. aufgehoben wurde. Die Rentmeister führten den Titel „Kriegs- und Domänenrat" und waren von 1722 - 1806 zugleich Pächter der Amtseinnahmen. Sie waren außerdem Richter von Vlotho, denen das so genannte Amtsstubengericht unterstand.

 

Verwaltungsänderung im Königreich Westfalen

Die Trennung von Verwaltung und Rechtsprechung wurde erst im Jahre 1807 eingeführt, als im neu gebildeten Königreich Westfalen nach französischem Vorbild aus dem bisherigen Amte Vlotho der Kanton Vlotho gebildet wurde, an dessen Spitze als Maire der bisherige Zoll- und Akziseinspektor Martzilger trat. Er war auch gleichzeitig Bürgermeister der Stadt Vlotho. Er blieb auch in diesem Amte, als 1816 die frühere Ordnung wieder hergestellt wurde.

Im Hause Nr. 10 trat an Stelle des Amtsstubengerichtes das Friedensgericht. Von 1815 ab hieß es Land- und Stadtgericht und war mit 3 Richtern besetzt. Im Jahre 1842 wurde es in das Haus von Dr. Schrader an der Langen Straße Nr. 112 verlegt. Zum 1. 1. 1974 wurde es aufgehoben. Ab nun wurden sämtliche unter das Strafrecht fallende Belange zentral von Bad Oeynhausen übernommen. 1975 wurde das Amtsgericht ganz geschlossen. Das Haus wurde 1976 von Dr. Wünscher erworben.

 

Neubau und neue Besitzer

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es nach dem Neubau im Jahre 1844 im Besitz des Kaufmanns Sievert, der nicht nur mit Holz, sondern auch Topfwaren handelte. Ihm gehörte zugleich im Jahre 1865 das Nachbarhaus Nr. 240, in dem 1842 noch die Witwe des früheren Richters Müller und der Arzt Dr. Rinteln gewohnt hatten. Im 20. Jahrhundert trat Christian Gellern in die Firma ein. Er wohnte Weserstraße 20. 1934 wurde das Haus Nr. 10 und Gelände der insolventen Holzhandlung Sievert & Gellern, von der Holzhandlung Erich Sturhan übernommen. Erich Sturhan blieb bis zum Abriss 1981 Besitzer dieses Hauses.

 

 

 

„Bauklötze" staunten die Bauarbeiter, als sie das Sturhahnsche Haus an der Weserstraße abbaggerten (Jan. 1981), als sie beim Baggern im Erdreich plötzlich auf Hohlräume stießen. „Das ist sicher der Geheimtunnel, der bis oben zur Burg führen soll", vermutete einer der Arbeiter.

„Weit gefehlt", meinte Vlothos Heimatforscher Dr. Karl Großmann. Es handelt sich wohl um den ursprünglichen alten Keller dieses früheren Amtshauses. Die alten Kellergewölbe (man vermutet, dass sie womöglich aus der Zeit um 1500 stammen) reichten bis weit unter die Weserstraße, wie dieses Foto dokumentiert.