Die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Exter befindet sich im
gleichnamigen Ortsteil der Stadt Vlotho, der bis zur kommunalen
Neuordnung eigenständige Gemeinde im Kreis Herford war. Exter liegt auf
halber Strecke zwischen Vlotho und Herford in ost-westlicher Richtung
wie zwischen Bad Oeynhausen und Bad Salzuflen in nord-südlicher
Wegführung. Im Stadtgebiet Vlothos ist Exter der westliche Ortsteil, im
Kirchenkreis Vlotho der südwestliche Vorposten; die Kirchengemeinde
grenzt im Süden an die reformierten Gemeinden der Stadt Bad Salzuflen,
die zur lippischen Landeskirche gehören, und im Westen an die Gemeinde
Schwarzenmoor im Kirchenkreis Herford. Mit den Gemeinden Wittel, Lohe,
Bonneberg und Wehrendorf verbindet die Kirchengemeinde Exter
unmittelbare Grenznachbarschaft.
Auf einer Fläche von 17,3 qkm erstreckt sich die Kirchengemeinde, zu der
gut 2100 evangelische Christen zählen. Die weitläufige Gemeinde ist auch
heute noch landwirtschaftlich geprägt, obgleich in den 50er und 60er
Jahren mit dem Bau von Siedlungen begonnen wurde. Inzwischen hat sich
durch Bebauung überhaupt erst ein Ortskern gebildet, dessen Besiedlung
noch nicht abgeschlossen ist. Auch ein Industriegebiet ist im Südosten
der Gemeinde entstanden. Trotzdem sind die meisten Bewohner Exters
beruflich außerhalb der Gemeinde tätig. Die Berufstätigen können aber
durch die Autobahnauffahrten in Exter auch entferntere Arbeitsplätze gut
erreichen.
Durch die starke Bebauung, die gerade wieder einen Auftrieb erhält, sind
zu den seit 40 und mehr Jahren ansässigen Gemeindegliedern immer wieder
neue von außerhalb hinzugekommen. Dennoch ist die Zahl der evangelischen
Christen in Exter sogar leicht rückläufig gewesen.
Bis 1666 gehörten die Bauernschaften Exter und Solterwisch zum
Kirchspiel Stift Berg Herford; vom 11. Juni 1666 datiert ein Brief der
Einwohner Exters an den großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, in dem der
Landesfürst gebeten wird, „unß die Auffbawung einer eigenen Kirchen,
mitten in unserer Baurschaft, gnädigst zu verwilligen". Auch das
Konsistorium in Bielefeld als oberste Kirchenbehörde der Grafschaft
Ravensberg unterstützte das Vorhaben, da die Bevölkerung in Exter um
Zahl stark zugenommen hatte. Für die Bittsteller aus Exter war wohl eher
ausschlaggebend, dass ihr weiter Kirchweg bis nach Herford in schlechtem
Zustand war und sie deshalb vom Kirchenbesuch abgehalten wurden. Der
Kurfürst genehmigte den Bau einer eigenen Kirche in Exter schon in einem
Brief vom 2. August 1666, der am 16. August zu einer Versammlung in
Exter führte, bei der über den Kirchbau und die Einrichtung der Pfarre
gesprochen wurde.
Noch im gleichen Jahr konnte am 21. November in der Kirche zu Exter der
erste Pastor, Gerhard Arcularius, eingeführt werden. Die Kirche wurde
also in gut drei Monaten fertig gestellt. Über dem Turmeingang erinnert
bis heute ein Wappenstein mit dem Monogramm „FWc", d.h. Friedrich
Wilhelm Kurfürst, ANNO 1666 an das Gründungsjahr der Kirchengemeinde und
das Baujahr der Kirche sowie an den Landesherrn.
Um die Zugehörigkeit zum Kirchspiel Exter gab es mit dem Pfarrer zu
Stift Berg und mit der Äbtissin in Herford Streitigkeiten, in deren
Verlauf sich 16 Bauern weiterhin zur alten Kirche zählten. Dadurch wurde
auch die Arbeit des ersten Pastors sehr erschwert, die neue Gemeinde
innerlich und äußerlich zu festigen. Außerdem trugen die bei der Stift
Berger Gemeinde Verbliebenen auch nichts zum Unterhalt des Pastors in
Exter bei, ein schwerwiegender Umstand, weil sie zusammen mehr als 40
Prozent der Exterschen Nutzfläche besaßen. Von 1666 bis 1769 wirkten in
Exter nur drei Pastoren, die bis zu ihrem Tode blieben: Gerhard Georg
Arcularius (1666 bis 1706), gefolgt von seinem Sohn Johann Gerhard
Arcularius (1706 bis 1747) und Carl Fürstenau (1747 bis 1769).
Im zweiten Jahrhundert ihres Bestehens wirkten in der Kirchengemeinde
Exter sieben Pastoren, die wegen der außerordentlich geringen Einkünfte
die Gemeinde meist nach nur wenigen Jahren wieder verließen: Anton
Gottfried Ham-bach (1769 bis 1777), Johann Nicolaus Köcker (1777 bis
1784), Heinrich Peter Erdsiek (1784 bis 1795), Daniel Pemeier (1796 bis
1807), Andreas Christian Carl Baumann (1808 bis 1836), Carl Heinrich
Christian Lohmeyer (1836 bis 1860) und Leonhard Friedrich Theodor
Wedepohl (1860 bis 1870).
Im ersten Jahrhundert des Bestehens der Gemeinde bleibt manches im
Dunkel, weil die Quellen spärlich fließen; so fehlt jeglicher Hinweis,
wie die Gemeinde zur Kirche stand und ob sie rege an Gottesdiensten und
Sakramenten teilnahm. Seit 1756 wurden die örtlichen Begebenheiten und
Verhältnisse durch den Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) zunehmend
beeinflusst. Das Kriegsgeschehen, das im Frühjahr 1759 auch in diese
Gegend vordrang, wirkte sich auf den inneren Zustand der Gemeinde aus:
Rohheit und Sittenlosigkeit nahmen Überhand.
Anhand einer Beschreibung aus dem Jahre 1777 lässt sich eine etwaige
Vorstellung des ersten Pfarrhauses in Exter gewinnen: Es war ein
Fachwerkhaus aus dem Jahre 1607 und stand etwa an der Stelle des 1907
errichteten Vereinshauses, also ungefähr einen Kilometer von der Kirche
entfernt. Die ersten Pfarrer mussten erhebliche Reparaturen am Pfarrhaus
ausführen lassen, bis Pastor Lohmeyer im Herbst 1843 das neue, massiv
gebaute Pfarrhaus beziehen konnte.
Mit Anton Gottfried Hambach hatte 1769 ein tatkräftiger Pastor das
Pfarramt in Exter übernommen. In seiner nur gut sieben Jahre dauernden
Amtszeit ist er neben dem zur gleichen Zeit in Gohfeld amtierenden
Pastor Weihe ein Vorläufer der Minden-Ravensberger Erweckungsbewegung
gewesen. Schon sechzig Jahre bevor Volkening nach Jöllenbeck kam, wurden
in Exter bereits Bibelstunden abgehalten. Auf unerklärliche Weise wurden
in kurzer Zeit viele Leute von der Erweckung erfasst, die in der Zeit um
1870 dann den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichte.
Um diese Zeit, als für die Gemeinde in Exter das dritte Jahrhundert
ihres Bestehens begonnen hatte, kam Friedrich Wilhelm Brünger (1870 bis
1909) als ein behutsamer Bewahrer des geistlichen Gutes der
Erweckungsbewegung nach Exter. Er und sein Sohn und Nachfolger im
Pfarramt Heinrich Gottlieb Brünger (1909 bis 1937) haben das
Gemeindeleben in Exter nachhaltig geprägt. Das zeigt sich insbesondere
an der Entstehung und Entwicklung des 1887 gegründeten Posaunenchors,
aus dem der CVJM Exter hervorging, der 1987 sein 100 jähriges Bestehen
feiern konnte. Vater und Sohn Brünger haben seit 1870 die Gemeinde und
fünf Jahrzehnte der Vereinsgeschichte entscheidend geprägt. Am 13. April
1937 verstarb Pfarrer Heinrich Brünger plötzlich mitten in den
Auseinandersetzungen mit dem Nationalsozialismus. Auch sein 1938 nach
Exter gekommener Nachfolger Pfarrer Heinrich Bültemeier hatte unter den
politischen Verhältnissen zu leiden; durch Krieg und Gefangenschaft hat
er von den zehn Jahren seiner Anstellung in Exter nur dreieinhalb Jahre
sein Amt ausüben können. Am 1. Oktober 1948 wurde Wilhelm Gröne Pfarrer
in Exter. Er sorgte bald schon für entscheidende Verbesserungen der
Gemeindearbeit. Im Jahre 1951 wurde das baufällig gewordene
Kirchenschiff abgerissen und neu errichtet. Nur der Kirchturm ist seit
1666 erhalten geblieben. 1961 konnte die alte Schule neben der Kirche
von der Gemeinde erworben werden; nach einem Um- und Ausbau hat sich
hier die Gemeindearbeit seit etwa 1965 entfalten können. Auch die 1912
gegründete Frauenhilfe hat hier wie die zahlreichen Gruppen des CVJM
Exter eine Bleibe gefunden.
Am Himmelfahrtstag 1959 wurde die Dorfkirche Exter mit einer
zusätzlichen Aufgabe betraut, nämlich als Ev. Autobahnkirche Exter für
Besucher von der Autobahn geöffnet und zugänglich zu sein, damit diese
sich zu Andacht und Besinnung in der Kirche einfinden können. Von dieser
Möglichkeit wird gern und zahlreich Gebrauch gemacht.
Im Jahr 1972 hat Pfarrer Gröne dafür gesorgt, dass in unmittelbarer Nähe
zu Kirche und Gemeindehaus ein neues Pfarrhaus errichtet wurde. Dieses
konnte Pfarrer Ulrich Holtkamp mit seiner Familie beziehen, als er zum
1. April 1974 die Pfarrstelle in Exter übernahm. Pfarrer Wilhelm Gröne
blieb im Ruhestand im alten Pfarrhaus wohnen, bis er am 31. Januar 1978
kür/ nach Vollendung seines 73. Lebensjahres verstarb. Er wurde, wie
schon beide Pfarrer Brünger, auf dem Friedhof in Exter beigesetzt.
Die Gottesdienste sind nach wie vor ein Schwerpunkt des Gemeindelebens
in Exter. Die Ausgestaltung der Gottesdienste wird von den Chören
mitgetragen, sehr zur Freude auch der Besucher von der Autobahn, die
gelegentlich die Gottesdienste mitfeiern. Alle Jugendarbeit wird in der
Gemeinde vom CVJM Exter geleistet; zehn verschiedene Gruppen bevölkern
das Gemeindehaus mit schöner Regelmäßigkeit: Neben dem Posaunen- und
Gemischten Chor sind es der Jugendkreis, drei Jungscharen, die
Sportgruppe sowie der Arbeitskreis Politik und Kultur, die offene
Jugendarbeit im „Treffpunkt Teepott" und die Gruppe der Jungbläser.
Auch die Frauenkreise, Frauenhilfe, Abendkreis, Gesprächskreis und
neuerdings das „Frauen-Frühstück", haben ihre festen Zeiten. Ein
monatlicher Altennachmittag lädt die Senioren der Gemeinde zu geselligem
und besinnlichem Zusammensein ein. Das Gemeindeleben ist erfreulich
rege, und für die Zukunft bleibt zu wünschen, dass es sich weiterhin in
und um die Kirche entfalten möge.
Ulrich Holtkamp
Dieser Text wurde mit freundlicher
Genehmigung dem Buch „Kirche an Weser und Werre“ (1991) entnommen.
Dieses Buch ist nicht mehr im Handel
erhältlich.
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