Leben und Wirken des Bürgermeisters

Dr. Paul Schildwächter

 

 

Paul Schildwächter wurde am 14.09.1888 als Sohn des Amtsrentmeisters und Bankvorstehers Heinrich Schildwächter und seiner Ehefrau Maria, geb. Scriba, in Dortmund-Lütgendortmund geboren. Nach dem Schulbesuch und der Ablegung der Abiturprüfung am Realgymnasium in Unna, trat er als einjährig Freiwilliger in das ‚tierische Feldartillerieregiment’ ein. Danach studierte er

 

 

Rechts- und Staatswissenschaften sowie Volkswirtschaft in Marburg, Würzburg und Münster. Nach Ablegung der juristischen Staatsprüfung war er als Gerichtsreferendar in Kamen und im Verwaltungsdienst im Kreise Siegen tätig. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 rückte er als Reserveoffizier ins Feld und es folgten Fronteinsätze als Kompanieführer und Führer verschiedener Formationen und Teilnahme an mehreren Schlachten an West- und Ostfront und Kriegsbeschädigung mit 3-maligem Aufenthalt in verschiedenen Lazaretten. Nach Entlassung aus dem Heeresdienst im August 1918 legte er die juristische

Dr. Paul Schildwächter

Doktorprüfung ab und wurde juristischer Beirat beim früheren Amt Wanne, jetzt Stadt Wanne-Eickel. Er verblieb dort bis zu seiner Berufung zum Amtmann und Bürgermeister von Amt und Stadt Vlotho im September 1920, als dann die schweren Nachkriegsjahre folgten.  In der fast 15-jährigen Tätigkeit in Stadt und Amt Vlotho ist Dr. Schildwächter weit über die Grenzen seines Amtsbezirks hinaus bekannt geworden. Längere Jahre hindurch war er Vorsitzender des Landgemeindetages für den Regierungsbezirk Minden und später Vizepräsident des früheren kommunalen Spitzenverbandes, des Preußischen Landgemeindetages West. Vieles war vor seinem Amtsantritt in Vlotho vernachlässigt und versäumt worden. Und so bleib viel zu tun, um das Versäumte nachzuholen, um zu reorganisieren, zu reformieren, alle kommunalen Einrichtungen für die Erfordernisse der Neuzeit zu trimmen. Gerade die Stadt Vlotho hat während der Tätigkeit des Bürgermeisters Dr. Schildwächter ein anderes Gesicht bekommen und nahm städtischen Charakter an. Größere Projekte als Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Amtsbezirks Vlotho wurden verwirklicht. Erinnert sei an die Schaffung des Sportplatzes auf dem Werder mit der Weserbadeanstalt, die Neugestaltung der Jahnwiese und den Bau der Jugendherberge auf dem Amthausberg, die Anlage der Wasserversorgung mit dem Wasserwerk und der Anschluss and das Ferngasnetz. Große bauliche Veränderungen erfuhren Rathaus und Stadtsparkasse, es folgten neue Schulen in Exter und Valdorf. In die Zeit seines Wirkens fällt das Projekt: Der Bau der Weserbrücke. So sagte der Regierungspräsident Freiherr von Oeynhausen anlässlich der Brückenweihe am 28.3.1928: „Weitblick und Tatkraft haben mit der Überbrückung des Weserstromes bei Vlotho in schwerer Zeit ein großes Werk geschaffen“. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 begann für Dr. Schildwächter beruflich und privat aufgrund seiner sozialen und demokratischen Grundeinstellung infolge der oft gemeinsten und ehrverletzenden Schikanierereien durch den Ortsgruppenleiter der NSDAP und den Sturmführer der SA und der Wühlarbeit der Partei eine schwere Zeit mit Gefährdung für ihn und seine Familie. Trotzdem hat er rücksichtslos alle ihm zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten der NSDAP gegenüber zur Anwendung gebracht; so brachte er die in der Zeit von November 1934 bis Januar 1935 erfolgten planmäßigen Übergriffe von SA-Angehörigen auf jüdische Geschäfts- und Wohnhäuser bei den übergeordneten Aufsichtsbehörden zur Anzeige. Darüberhinaus veranlasste er die Beschlagnahme von verbotenen Waffen bei SA-Mitgliedern z.Zt. des Röhm-Putsches. Das alles führte dann zu einem Verfahren wegen „Schädigung des Ansehens der Partei“ vor dem NSDAP-Gaugericht und der Versetzung im Januar 1935 nach Ennigloh, wo die Stelle des Amtsbürgermeisters nach dem Tod des Vorgängers Schäfer vakant war. Die Namen der Nazi-Aktivisten kennt man noch heute! Während seiner Tätigkeit in Vlotho wohnte er mit seiner Frau Emmi, geb. Schröer, und seinen drei Söhnen Eberhard, geb. 1921, (im Krieg 1943 als Jagdflieger gefallen), Dietmar, geb. 1926, und Helmut, geb. 1929, in der Dienstwohnung im alten Rathaus, dann bis 1935 nach dem Umbau in der neuen Sparkasse. Im Januar 1940 wurde Dr. Schildwächter wieder zum Kriegsdienst eingezogen. Nach seiner Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft trat er am 1.5.1946 zur Finanzverwaltung über und war in der Oberfinanzdirektion Münster an besonderer Stelle in schwierigster Zeit an dam Aufbau der Bundesvermögens- und Bauabteilung tätig. Bei Erreichen der Altersgrenze wurde seine Dienstezeit vom Bundesminister der Finanzen verlängert, und Dr. Schildwächter trat am 30.9.1954 in den wohlverdienten Ruhestand. Nachdem das neu erbaute Einfamilienhaus in der Herforderstr. 39 fertiggestellt war, zog die Familie wieder nach Vlotho zurück, in den Ort seines erfolgreichen Wirkens. Das Vlothoer Wochenblatt schrieb damals: „Ein Vertriebener kehrt zurück!“ Dr. Paul Schildwächter starb nach kurzer, schwerer Erkrankung 72-jährig am 22.10.1960. Trauerfeier und Beisetzung auf dem Vlothoer Friedhof fanden unter großer Beteiligung von Vlothoer Bürgern und vielen Freunden aus dem privaten und beruflichen Umfeld statt.
 

Beim Abschied 1935 formulierten Vlothoer Bürger die folgenden Worte:
Als der Herr Bürgermeister zu uns kam, die Geschicke der Stadt in die Hände nahm,
Wir sagen: Er hat sie trefflich geleitet, der Stadt eine bessere Zukunft bereitet.

 

 

 

Als Abschiedsgeschenk übergaben die Beamten und Angestellten des Vlothoer Rathauses dem Bürgermeister Dr. Schildwächter dieses

Fotoalbum (B 32 cm x H 23 cm).

Schnalleninschrift:

Unserm Bürgermeister zum Abschied von Vlotho.

Die Beamten und Angestellten.

 

 

Ein Gedicht im Fotoalbum auf Seite 1

 

 

Unterschriftenseite am Ende des Albums.

 

 

Foto von der Albumseite 5.

Dienstzimmer von Dr. Schildwächter im alten Rathaus. Foto: 1935.

 

 

Das 1948 neu erbaute Wohnhaus von Dr. Schildwächter an der Herforder Straße Nr. 39.

Hier wohnte er ab 1949. Gemälde: 1954.