Moor- und Schwefelbad Senkelteich um 1948.

 

 

 

Geschichte Moor- und Schwefelbad Senkelteich

 

Als im Jahre 1866 die Vlothoer Kaufleute Karl Hartwig und Wilhelm Grube das Moor- und Schwefelbad Senkelteich schufen, hatten sie im benachbarten Bad Seebruch bereits ein älteres Vorbild. Sie folgten dem Beispiel, zumal die gleichen Bedingungen gegeben waren. Ohne lange zu zögern, setzten sie 750 Taler ein und kauften dafür den Senkelteich selbst und dazu eine Nachbarparzelle. Der vorhergehende Eigentümer, Bauer Wehmeyer aus Wehrendorf, hatte diese Grundstücke bei der Auflösung des Gutes Beerenkämpen erworben. Die Grundstücke schließlich, auf denen die Baulichkeiten des Bades errichtet wurden, gab der bäuerliche Nachbar Siekmann Nr. 63 für 260 Taler ab. Auf dieser Basis entstand das Moor-und Schwefelbad Senkelteich. Zuerst wurde ein kleines Bade- und Logierhaus gebaut. Im Erdgeschoß verfügte es über sieben Badezimmer und im Obergeschoß über sieben Logierzimmer, ein „Conversationszimmer" (ein Plauderstübchen) und eine Küche. In einem daneben errichteten kleineren Gebäude wurde das Quellwasser mittels Dampfkessel angewärmt. Die alles in allem entstandenen Kosten überforderten die beiden Gründer. Sie gründeten daher die „Kommanditgesellschaft auf Aktien, Badeanstalt Senkelteich Grube und Consorten". Folgende Vlothoer Bürger waren die Aktionäre: Kaufleute Wilhelm Brüggemann, Carl Hartwig, Ferdinand Schmidt, Marcus Michel Rüdenberg, Marcus Moses Rüdenberg, Heinrich Gellern, Postexpedient Ferdinand Wittke, Gastwirt Karl Koch, Braumeister C. Schmidt, Rechtsanwalt Ernst Potthoff. Von auswärts beteiligten sich noch Meyer zu Jessendorf und E. F. Adickes. Die erstgenannten elf Aktionäre übernahmen auch die Bürgschaft für das einzusetzende Gesellschafter-Kapital in Höhe von 4 000 Talern.

Die erste Werbeschrift des Bades, die im Mai 1867 herausgegeben wurde, rühmt die romantische Natur, die abwechslungsreiche Umgebung und empfiehlt insbesondere den Gicht- und Rheumakranken die heilbringenden Schlamm- und Schwefelbäder. Die Kurzeit setzte jeweils Mitte Mai ein und endete Mitte September. Man wertete es als verdienstvolle Anerkennung, dass im Jahre 1871 bereits 150 Gäste das Bad in Anspruch nahmen. Ihnen wurden an die l 566 Bäder verabfolgt, darunter 254 Schlammbäder. Sogar zwei Ausländer, eine Französin und ein Amerikaner, suchten in Bad Senkelteich Heilung.

1871 löste sich die Kommanditgesellschaft Bad Senkelteich auf, da ihre Hauptstützen, nämlich die Eigentümer der drei größten Vlothoer Unternehmen, vom Konkurs überrollt wurden. Vier der bisherigen Kommanditisten, und zwar Hartwig, Brüggemann und die Gebrüder Rüdenberg, schickten sich an, die Rechte und Pflichten der Kommanditgesellschaft zu übernehmen. Sie ließen es

sich 5.150 Taler kosten. Bereits nach vier Jahren hatten sie den gewünschten Erfolg, einen Interessenten und Käufer des Bades zu finden. Es war August-Wilhelm Großmann. Er betrieb in Rehme-Babbenhausen ein „Lohnfuhrgeschäft". An die 50 Pferde hatte er in seinem Stall, die Waren bis ins Rheinland beförderten und Weserschiffe „treidelten", mit anderen Worten stromaufwärts zogen. In Vlotho beispielsweise ist der Treidelweg am Ufer oberhalb der früheren Fähre noch weitgehend erhalten. Da infolge Zunahme der dampfbetriebenen Verkehrsmittel (Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn) die Geschäfte immer mehr zurückgingen, entschloss sich der kapitalkräftige August-Wilhelm Großmann, als Ersatz Bad Senkelteich zu kaufen. Er musste dafür 26.000 Mark aufwenden.

 

Das Bad wurde unter der Leitung seines Sohnes Wilhelm erfolgreich weitergeführt und ausgebaut, kein Zweifel... Der Junior ließ sich von dem Wahlspruch bestimmen: „Man kann durch zuviel Ruhe und Bequemlichkeit ebenso müde werden wie durch zuviel Arbeit und Hetze!" Unter seiner Weisung entstand ein quadratischer Fachwerkbau von etwa acht Meter Seitenlänge mit einem „eleganten Kursalon". Der Dienst an den Kurgästen wurde bei ihm großgeschrieben. Er kutschierte sie

 

Moor- und Schwefelbad Senkelteich, um 1935.

 

selbst einspännig vom Reichsbahnhof (Bundesbahnhof) nach Bad Senkelteich, und wenn es gewünscht wurde, spannte er auch zu einer Rundfahrt in der herrlichen Umgebung an. 1903 erfolgte durch den Bau des Hauptgebäudes gewissermaßen die Grundsteinlegung zur großbaulichen Entwicklung des Badkomplexes. 1928 wurde die Veranda angebaut. Dabei blieb es jedoch beileibe nicht. Fortlaufend wurden die Baulichkeiten und Einrichtungen, wofür sie auch immer bestimmt waren, großzügig erweitert und modernisiert. Entscheidenden Anteil hatte daran der fortschrittliche und unternehmungslustige Vlothoer Kaufmannssohn Willi Voß, nachdem er Ende der 30er Jahre Wilhelm Großmanns einziges Kind, Tochter Emmi, geheiratet hatte. Ihnen wurden zwei Mädchen geboren. Damit trat die vierte Generation das Großmannsche Erbe an.

Bad Senkelteich ist, was es ist: eine Perle unter den Privatbädern!

 

Stand: 2009

 

 

 

 

Moor- und Schwefelbad Senkelteich, heute. Foto: 2009.